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Deutschlands PR Aktion im Libanon 20.08.2020

Verantwortlicher Autor: Uwe Hildebrandt Beirut, 21.08.2020, 17:40 Uhr
Kommentar: +++ Politik +++ Bericht 9901x gelesen
Beirut vor der Explosion
Beirut vor der Explosion  Bild: Dietmar Burkhardt / www.pixelio.de

Beirut [ENA] Es ist schon ein paar Tage her, genau gesagt am 04. August gegen 18 Uhr Ortszeit, da erschütterte in Beirut eine große Explosion am Hafen die Stadt. Diverse Gebäude wurden zerstört, viele Tote und Verletzte waren zu beklagen, nach und nach stellte sich die Lage so dar:

Ca. 170 Tote, ca. 6000 verletzte Personen, Behandlungsprobleme in den Krankenhäusern wegen Plätzen und Ausstattung, angeblich rund 300.000 Bürger obdachlos. Über dramatische Coronazahlen wurde natürlich auch berichtet, wohlweislich, das die Zahlen zu dieser Zeit landesweit mit gerade mal rund 5000 Infizierten insgesamt, von denen viele schon wieder genesen waren, und deutlich unter 100 Todesfällen eher gering anzusehen waren.

UPDATE 21.08.2020: Das Auswärtige Amt Berlin hat mir eine Liste der Teilnehmer an der sogenannten Geberkonferenz in Frankreich mitgeteilt, die ich hier veröffentlichen möchte: Australien, Belgien, Brasilien, Kanada, China, Zypern, Dänemark, Ägypten, die EU, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Irak, Italien, Japan, Jordanien, Kuweit, Libanon, Niederlande, Norwegen, Qatar, Saudi Arabien, Spanien, Schweden, Schweiz, Vereinigte Arabische Emirate, Großbritannien und die USA. Als Organisationen haben die Arabische Liga, das internationale Rote Kreuz ICRC, das IMF, die europäische Investment Bank EIB, die Weltbank WB und die europäische Bank EBRD. Über die Höhen der Beteiligung habe ich in Frankreich angefragt, Deutschland null Info.

Wenn man sich so die Berichterstattung, die darauf folgte, ansieht, muß man fast den Glauben bekommen, das fast alleine deutsche Hilfsorganisationen und natürlich allen voran die Bundesregierung a la Maaß mit Geldzahlungen, Verschiffung von Hilfsgütern, Hilfspersonen usw. unterstützt hat. Die Bundesregierung hatte ja im Alleingang ohne EU Abstimmung gleich mal 20 Millionen Euro zugesagt, davon mußte Maaß in einer PR Aktion mit einem großen Scheck über 1 Million nach Beirut reisen um diesen pressetechnisch vermarktet zu überreichen, seine anschließende Rede, keiner, der nicht in Beirut gewesen sei, könne sich das Ausmaß nicht vorstellen, hätte er sich auch sparen können.

Ich frage mich nur, wer denn eigentlich den Scheck bekommen hat und wo der eingelöst wurde. Ach, ich vergaß, es war ja nur eine PR Aktion. Interessant bei seiner PR Aktion die Aussagen von Maaß, es gäbe in diesem Land zu viel Korruption, das müsse beendet werden. Wie er aber darauf Einfluß nehmen will (er kann das gar nicht), dazu keine Worte. Er redet lieber von tiefgreifenden wirtschaftlichen Reformen und der Jugend im Libanon, die er bisher noch gar nicht kennengelernt hat.Frankreich und Deutschland, anders gesagt Macron und Merkel hatten sich ohne Einschaltung der EU gleich mal abgesprochen; Macron war als einer der Ersten ausländischen Politiker gleich mal nach Beirut gereist.

Um sich vor Ort ein Bild machen zu können; das passende Bild in Form von Sprechchören und Rangeleien vor Ort konnte er sich dann gleich mal persönlich abholen. Macron hatte statt Kohle eine Luft- und Seebrücke eingerichtet, um mit mehreren Flügen und Schiffslieferungen mehr als 18 Tonnen Medikamente und fast 700 Tonnen Lebensmittel nach Beirut zu bringen. Warum dann Deutschland zusätzlich zu den 20 Millionen Euro und den massiven Hilfen von Frankreich auch noch Hilfsgüter in Höhe von 1.5 Millionen Euro dem Deutschen Roten Kreuz zur Verfügung gestellt hat, ist fraglich. Es muß am ständigen Solidaritäts- und Helfersyndrom liegen.

Dazu hat sich eine eher unbekannte angebliche Hilfsorganisation aus Deutschland, der Islamic Relief e.V., ein eingetragener gemeinnütziger Verein und Stiftung, mit einer Zusage von 5 Millionen Euro Hilfsgeldern gemeldet. Ob diese Gelder inzwischen überhaupt geflossen sind, darüber liegt keine Info vor. Interessant auf jeden Fall, das diese Organisation massive Hilfe von Form von Geldern direkt vom Deutschen Staat, vom Auswärtigen Amt bekommt. Und nicht nur daher.

Macron berief dann später eine sogenannte Geberkonferenz für den Libanon ein (ich dachte immer nur Teile von Beirut waren betroffen, wie schnell daraus doch eine Landeskatastrophe wird). Nach der großen Geberkonferenz wurde klar: Rund 36 Länder und Organisationen haben insgesamt gut 250 Millionen Euro versprochen. Davon liegt Frankreich mit 30 Millionen Euro vorne, gefolgt von Deutschland mit 20 Millionen Euro; die EU hatte schon 33 Millionen Euro aus dem Gemeinschaftspott zugesagt, dazu kommen jetzt nochmals 30 Millionen Euro. Über die Zahlungen der anderen Länder keine Info, auch nicht, wer denn da im Einzelnen beteiligt war.

Interessant an den ganzen Berichterstattungen bis heute finde ich, ich höre immer nur von westlichen Ländern und Organisationen, die Geld und Hilfsgüter in den Libanon karren. Nachbarländer oder Länder mit gleicher Gesinnung scheint das ja weniger anzugehen. Und über die Einstellung des Libanon zu westlichen Ländern vor der Krise braucht wohl keiner eine Brille: Wie lange schon schüren die Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem Libanon ? Ein Dauerthema. Und da kann Beirut nicht über seinen Schatten springen: Hilfen von Israel wurden allesamt abgelehnt, das wird aber in der Presse selten bis gar nicht erwähnt, das passt nicht so in die heile Helferwelt.

Und die UN hatte ja VOR der Geberkonferenz ein Hilfsbedarf von rund 99 Millionen Euro veranschlagt. Jetzt aber kommen nicht nur über 300 Millionen Euro zusammen, wenn man die ganzen Organisationen noch dazurechnet, plus der vielen Hilfsgüter usw., Maaß redet von Korruption im Land und dann wird das Land mit Geld überschwemmt, anstatt es zielgerecht und nach und nach wirklich da einzusetzen, wo es gebraucht wird. Für mich läuft das Ganze so ab: Das Geld wird ins Land geschüttet, und dann macht mal damit was ihr wollt. Und das das nicht klappen wird ist doch klar.

Und zum Schluß mal ein paar Infos über den Libanon, es wird ja so viel in den Medien geschrieben von einem so armen Land, der Libanon wird ja quasi als Entwicklungsland hingestellt. Die Bevölkerung im Libanon hat eine der höchsten Lebenserwartungen in der arabischen Welt. Das kann sicherlich nicht an schlechter Versorgung und medizinischen Defiziten liegen. Das es seit wenigen Jahren Versorgungsengpässe Strom / Wasser / Infrastruktur gibt, liegt an der Aufnahme von 25 % der Gesamtbevölkerung von syrischen Flüchtlingen. Seit der Gründung von Israel 1948 gibt es immer wieder kriegerische und gewalttätige militärische Auseinandersetzungen mit Israel, dazu sind im Laufe der Jahre mehrere Bürgerkriege gekommen.

Mit knapp 16 % Staatsausgaben für das Militär gehört das Land zu denen weltweit mit den höchsten Ausgaben in diesem Bereich. Der Libanon gilt als eines der am höchsten verschuldeten Staaten der Welt. Die Kosten des Wiederaufbaus wegen der Bürgerkriege frisst die Gelder auf. Zu Beginn dieses Jahres dann die Meldung das der Libanon die am 9. März fälligen Eurobonds nicht zurückzahlen könne. (Quelle Wikipedia.org).

Würden die Gelder sinnvoller verteilt und die Korruption verdrängt, wäre für die Bevölkerung eine ganz andere Versorgung und für die Infrastruktur nötige Verbesserungen möglich. Abgesehen davon würde der Staat geldlich ganz anders dastehen. Wie sagt man dazu: Hausgemachte Probleme, für die jetzt die westliche Staatengemeinschaft teilweise einsteht.

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